3 Juli 2014 | Von dpa
Berichte:
Erlanger Student und Chaos Computer Club im Visier der NSA
Der US-Geheimdienst NSA fasst offenbar gezielt
Menschen ins Auge, die sich für Anonymität im Internet einsetzen. Dazu gehören
Unterstützer des Tor-Netzwerks, das die eigenen Spuren im Netz verschleiert.
Betroffen ist auch ein Student aus Deutschland.
Bild:
Nicolas Armer, dpa
Der
US-Geheimdienst NSA hat nach Recherchen der Sender NDR und WDR einen
Studenten aus Erlangen ausgespäht, der sich mit Privatsphäre im Internet
beschäftigt. Der Mann mit dem Namen Sebastian Hahn betreibe einen Server für
das Anonymisierungsnetzwerk Tor, mit dem Nutzer ihre Spuren im Internet
verwischen können. Er sei nach Kanzlerin Angela Merkel das zweite namentlich
bekannte Opfer der NSA in Deutschland, berichteten die Sender.
Alle
Nutzer die auf den von Hahn bereitgestellten Server zugreifen, würden von der
NSA speziell markiert und ihre Verbindungen gespeichert, berichteten die Sender
am Donnerstag. Die NSA filtere damit die Nutzer des Anonymisierungsnetzwerks
heraus. Diese landeten in einer speziellen NSA-Datenbank. Täglich griffen
hunderttausende Nutzer allein auf Hahns Server zu.
Das Ziel
der Spähaktion sei es "potenzielle Tor-Clients zu finden", also
mögliche Nutzer des Anonymisierungsdienstes. Das ist in einem Auszug aus dem
Programmcode zu lesen, der im ARD-Morgenmagazin gezeigt wurde.
"Es ist ein Rieseneingriff in meine
Privatsphäre"
Hahn nannte die Ausspähung "schockierend". "Es ist ein
Rieseneingriff in meine Privatsphäre", sagte er den Sender. Alle
Verbindungen von dem Server, den er in Deutschland betreibe, würden von einem
ausländischen Geheimdienst mitgeschnitten.
Auch eine weitere IP-Adresse findet sich demnach unter den Ausspähzielen.
Sie gehöre dem deutschen Hackerverein Chaos Computer Club. Beide IP-Adressen
fänden sich im Code der NSA-Spionagesoftware XKeyscore.
Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz,
bezeichnete den Vorgang am Donnerstag im ARD-«Morgenmagazin» als «verheerend».
Die einzige Antwort der Bundesregierung auf die NSA-Affäre laute, die Bürger
sollten sich im Internet selbst schützen und ihre Daten verschlüsseln.
"Und nun stellen wir fest, dass gerade die, die verschlüsseln und das
nutzen, überwacht werden. Das ist pervers und verrückt."
Allerdings gab es schon mehrfach Hinweise darauf, dass die NSA gezielt das
Tor-Netzwerk ins Auge fasst. Der Geheimdienst habe versucht, die Software
selbst zu knacken, sei damit aber gescheitert, berichtete der britische
«Guardian» im vergangenen Herbst. Es sei der NSA nicht gelungen, alle Nutzer
von Tor zu identifizieren. Durch die Analyse der Datenströme könnten
lediglich "ein kleiner Teil" der Nutzer kenntlich gemacht werden,
schrieb die Zeitung.
Originaltext: http://www.computerwoche.de/a/erlanger-student-und-chaos-computer-club-im-visier-der-nsa,3063952